Doping im Fußball soll hier kontinuierlich Thema werden. Hier und im Rechercheblog der WAZ, für die ich ja vor allem arbeite. Mehr Infos zum Fußballdoping gibts auch bei Twitter und Facebook. Gestern Nachmittag kam ein Kracher rein, mal wieder aus dem französischsprachigen Raum. Die Nachrichtenagentur AFP meldet, acht algerische WM-Fußballer von 1982 und 1986 hätten seitdem behinderte Kinder zur Welt gebracht und führten dies darauf zurück, dass sie ohne ihr Wissen gedopt worden seien. Sie verlangen eine Untersuchung.
„Wir haben beschlossen, diese Affäre öffentliche zu machen, weil wir entdeckt haben, dass es nicht weniger als acht Ex-Internationale gibt, die behinderte Kinder gezeugt haben.“ Das sagt Abwehrspieler Mohamed Chaib, Vater von drei behinderten Kindern, nach meiner bescheidenen Übersetzung. Die Spieler haben „ernsthafte Zweifel“ in Bezug auf die Medikamente, die sie damals genommen haben. Chaib: „Wir wollen einfach die Wahrheit.“
Auch die Tochter von Djamel Menad ist behindert. Menad sagt: „Seit ich weiß, dass ich nicht der einzige bin, habe ich begonnen mir Fragen zu stellen.“ Dass so viele ehemalige Mitspieler behinderte Kinder haben, könne kein Zufall sein, sagt Menad.
Die Wüstenfüchse, wie sich Algeriens Fußballer nennen, haben sich vor 2010 genau für zwei Fußball-Weltmeisterschaften qualifiziert: 1982 und 1986. Angeblich sind die Algerier damals von russischen Ärzten betreut worden, die ihnen Dopingmittel verabreichten. Dem widerspricht Ex-Kapitän Ali Fergani, der auch die Zahl der Spieler mit behinderten Kindern im Vergleich zur Anzahl der Nationalspieler als gering bezeichnet. Damals hätten die Spieler „nur Vitamin C2“ erhalten.
Auch der Ex-Trainer Rabah Saâdane bestreitet, dass in seiner Zeit zwischen 1984 und 1986 europäische Ärzte dabei waren. Offenbar war laut der französischen Zeitung Le Monde aber von 1981 bis 1988 doch ein russischer Therapeut dabei, Evgeny Rogow. Le Monde schreibt zudem, dass Zdrawgo Rajkow aus Ex-Jugoslawien die Mannschaft 1980 betreut habe. Verband und Regierung haben die Vorgänge bislang offenbar nicht kommentiert.
Experte für die nordafrikanische und arabische Sportwelt ist James M. Dorsey. Er schreibt in seinem Blog „The Turbulent World of Middle East Soccer“: Der ehemalige Spieler Mohamed Kaci Said habe gesagt, dass die ausländischen Mediziner die Spieler wie Versuchskaninchen genutzt hätten, um sowjetische Dopingsubstanzen an ihnen zu testen. Angeblich sollen die Spieler niemals ihre Behandlungsakten zu Gesicht bekommen haben, berichtet laut Dorsey die algerische Zeitung El Watan.
In den Achtziger Jahren schlugen die arabischen Autokraten schon einmal ähnliche Volksaufstände nieder, wie sie jetzt im arabischen Frühling erneut hochkommen. James Dorsey stellt die Frage, ob das algerische Fußball-Wunder 1982 und 1986 ein besonders trickreicher Versuch der Regierung war, um von den Aufständen abzulenken. Staatlich instrumentalisiertes Fußballdoping als Opium fürs Volk?
Falls ich in meiner Übersetzung vom Französischen und Englischen ins Deutsche schlimme Dinge verbrochen habe, bitte ich um Korrektur. Falls jemand in den französischen Texten der algerischen Zeitung El Watan noch spannende Infos findet, freue ich mich über Kommentare.
Bisher finde ich bei Google News übrigens noch keine deutschen Texte über die Geschichte. In Frankreich sind die Medien voll davon.
Zum Doping im Fußball gibt es hier im Blog bereits drei Texte:
- Dopingkontrollen im Fußball
- Drei Gründe für Doping im Fußball
- Doping im Fußball als vernachlässigtes Thema in den Medien
21. November 2011 -
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