Heute eine recht knappe Sport-Woche. Ich musste in den letzten Tagen ein bisschen richtig arbeiten, mit Geld verdienen und so. Dafür gibts kommende Woche mehrere Beiträge. Versprochen. Es staut sich schon. Zur Sache:
Thema der Woche: Klage gegen Armstrong
Das amerikanische Wochenmagazin Sports Illustrated berichtet Neues zu Lance Armstrong. Die größten Neuigkeiten hat SI hier zusammengestellt. Die ganze Story gibt es hier zu lesen.
Die Vorwürfe: Armstrong soll in den 90ern Zugang zum Blutdopingmitell HemAssist gehabt haben, dessen Entwicklung 1998 wegen Nebenwirkungen eingestellt wurde. Er soll Schweizer Grenzbeamten belogen haben, als sie seine Taschen nach einer Reise mit seinem Privatjet durchsuchten – angeblich einer von Armstrongs Tricks, mit dem Privatjet reisen, Kontrollen finden so kaum statt. Armstrongs Team soll noch 2009 mit Doping-Arzt Michele Ferrari zusammengearbeitet haben. In den Neunzigern soll er trotz überhöhter Testosteron-Werte nicht gesperrt worden sein. Und ein ehemaliger Teamkollege behauptet, Armstrong habe seine Mitfahrer damals zum Doping gedrängt.
Die Artikel aus SZ (Thomas Kistner) und FAZ (Jürgen Kalwa) habe ich bislang nicht online gefunden, der in New York lebende Jürgen Kalwa berichtet aber auch für den Deutschlandfunk.
Für das ZDF habe ich Ende 2010 alles zum Thema Armstrong und Doping zusammengestellt. Gestern hat das ZDF den Flash-Artikel publiziert: „Armstrongs unendliche Geschichte.“ Einige Links zu Original-Dokumenten sind dabei. Darunter das Protokoll einer Armstrong-Vernehmung aus dem Jahr 2005. Die Vermarktungsfirma SCA Promotions weigert sich 2004 – wegen der vielen Dopingvorwürfe – Lance Armstrong eine zuvor vereinbarte Toursieg-Prämie von fünf Millionen Dollar auszuzahlen. 2006 überweist SCA schließlich doch 7,5 Millionen Dollar an Armstrong – inklusive Anwaltskosten. Es geht in der Vernehmung auch um die derzeit diskutierte Beteiligung Armstrongs an der Firma Tailwind Sports – und damit darum, ob Steuergelder zweckentfremdet und für Dopingmittel eingesetzt wurden.
Frage: Can you tell us what your relationship, first, your business relationship with Tailwind Sports, is?
Antwort: I’m an athlete on the team.
Frage: Do you have any ownership interest in Tailwind Sports?
Antwort: A small one.
Frage: When you say a small one, can you give me an approximate percentage as to what that would be, if you know?
Antwort: Perhaps ten percent.
Gedopt
Geradezu mutwillig von einem Fettnapf in den nächsten springt der Bund Deutscher Radfahrer. In der unsäglichen Geschichte um den Gerichtsurteilen zufolge „schon in heißen Zeiten des Dopings“ aktiven Sportdirektor Burkhard Bremer wird es von Episode zu Episode skurriler. Ein vom BDR in Auftrag gegebenes Gutachten soll den Sportdirektor (und auch den Sportarzt Yorck Olaf Schumacher) freisprechen. Sie seien „weder disziplinar- noch arbeitsrechtlich“ zu belangen. Das Problem: In dem Gutachten sind einige Fakten falsch dargestellt. Und: Es wurde erstellt vom Bruder eines hauptamtlichen Mitarbeiters der BDR-Leistungssport-Abteilung. Für den Deutschlandfunk haben Thomas Kistner und Robert Kempe berichtet.
Das komplette 30-seitige Gutachten gibt es nebenan bei sportspool.tv im Original.
Heute soll laut SZ übrigens, sieben Jahre nach Athen, der Meineidsprozess gegen die griechischen Sprinter Kostas Kentereis und Ekatherini Thanou beginnen. Die mit dem Motoradunfall. Und den dicken Oberschenkeln.
Und sonst?
„Don’t mix politics with games“: Christian Zaschke schreibt in der SZ (bisher nur Print) über die tunesischen Handballer, die bei der WM in Schweden weiß Gott besseres zu tun haben, als sich Gedanken um den Sport zu machen. „Während der Partie hatten tunesische Fans ein Banner in die Halle von Kristianstad gehängt. ‚Game over, Ben Ali‘ stand darauf. (…) Das Banner in der Halle wurde von den schwedischen Ordnern schnellstens entfernt. ‚Don’t mix politics with games‘, hatte der chinesische Staatschef Hu Jintao zu Beginn der Olympischen Spiele in Peking 2008 gesagt: Mischt die Politik nicht mit den Spielen, also dem Sport. Dieses sinnfreie und verlogene Motto umweht den Sport seit jeher, in den Staatsdikataturen ebenso wie in der freien Welt. Auch jetzt, auch hier in Schweden gilt es wieder.“
Die neuesten Entwicklungen im Wettskandal beschreibt Ulrich Hartmann, der den Prozess seit Beginn für die SZ verfolgt.
Ein Hintergrundstück zu fußballsüchtigen Wettprofis – oder andersrum – gab es am Montag bei Sport Inside. Matthias Wolf hat unter anderem mit Rene Schnitzler und Andreas Teichmann gesprochen. „Keine Einzelschicksale“
Sport Inside läuft nach der Winterpause übrigens seit vergangener Woche wieder jeden Montag um 22.45 Uhr im WDR. Mein Tipp für kommende Woche: Der Beitrag von Marc Schlömer über den verunglückten georgischen Rodler Nodar Kumaritashwili. „Tot und vergessen“
Eine Runde gegen Rechts traf sich diese Woche in Berlin. DFB, DOSB, Innenminister, Familienministerin, Sportkonferenz der Länder. Alle wollen sie jetzt zusammenarbeiten gegen rechts. Doch es gibt nicht mehr Geld, stattdessen ist zuletzt die Förderung erfolgreicher Projekte nicht verlängert worden. Ist die große PR-Show nur Augenwischerei, um von der Hilflosigkeit des Sports abzulenken? Steffen Dobbert schreibt bei Zeit-Online: „Das einzige Konkrete der neuen Medien-Kampagne ist ein Handlungskonzept auf 16 Seiten. Dort stehen viele Tipps, wie sich Vereine im Umgang mit Rechtsextremen verhalten sollten. Am Ende der Broschüre heißt es über einer Liste: „Wichtig erscheint auch die Einsparung bereits vorhandener Ressourcen“. In der Aufzählung darunter wird dann empfohlen, im Bereich Reisekosten oder Ausbildung zu sparen.“ Ronny Blaschke berichtet für die SZ und den Deutschlandfunk von der Runde. Er zieht ähnliche Schlüsse: Es komme wenig an im Land.
Und zum Schluss für alle Freunde des veröffentlichten Wortes: Via Bildblog 25 Regeln für einen guten Text. „A manifesto for the simple scribe“
21. Januar 2011 -
Der FAZ-Text von Jürgen Kalwa steht mittlerweile online: http://bit.ly/f0Qy83
21. Januar 2011 -
Das gleiche gilt für den Text über Kenteris/Thanou: http://www.sueddeutsche.de/sport/leichtathletik-sprinter-vor-gericht-bis-zu-fuenf-jahre-haft-1.1049091
23. Januar 2011 -
Lance Armstrong!
Hoffentlich wird es ihm endlich mal gerichtsfest bewiesen. Es ist einfach unglaublich, wie man so offensichtlich betrügen kann, ohne dass es einem zum Verhängnis wird. Der Umgang der UCI mit ihrem Aushängeschild und auch der Organisatoren der großen Rundfahrten ist an Verlogenheit kaum zu überbieten (na, ja. Vielleicht doch. Meine Lieblingsräuberpistole im Zusammenhang mit Doping ist das jahrelange Schweigen des amerikanischen Liechtathletikverbandes im Fall von „King“ Carl Lewis). Jeder weiß es, aber da Herr Armstrong für die Vermarktung des Radsports so wichtig war, wurden alle Augen zugedrückt.
Als Sportkonsument bin ich für die meisten Sportarten eh schon verloren. Aber ich freue mich trotzdem sehr, wenn solchen Leuten endlich das Handwerk gelegt wird.