Daniel Drepper

Die Sport-Woche (7)

Thema der Woche: Korruption in der Formel 1?

50 Millionen Dollar Bestechung soll Ex-BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky von Formel 1-Chef Bernie Ecclestone persönlich bekommen haben, um Bernies Macht über die Formel 1 zu erhalten. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Wochen.

Kurz vor Weihnachten kontaktierte die SZ den Ex-Vorstand der BayernLB, Gerhard Gribkowsky: Das Recherche-Team Leyendecker/Ott/Richter hatte Dokumente vorliegen, die hohe Geldeingänge auf Gribkowskys Konten dokumentierten. Der ging zur Staatsanwaltschaft, weil er sich von den Recherchefragen der Journalisten belästigt fühlte. Die Staatsanwaltschaft fand die Fragen von Leyendecker und Co aber so interessant, dass sie sich des Falls annahm. Jetzt sitzt Gribkowsky in der Zelle und so wie es aussieht, könnte es auch Formel-1-Promoter und Milliardär Bernie Ecclestone an den Kragen gehen.

Der Hintergrund: Fernseh- und Film-Mogul Kirch hatte – bevor er pleite ging – einen Großteil der Formel 1 gekauft. Mit der Kirch-Pleite gingen die Formel 1-Anteile an die Bayrische Landesbank. Gribkowsky verwaltete die Anteile und hätte mit seiner Macht selbst Ecclestone gefährlich werden können. Denn zu diesem Zeitpunkt stritt sich Ecclestone mit den Formel 1-Teams und einigen Eignern des Rennsport-Zirkusses. Auch Gribkowsky stritt sich zunächst mit dem Hitler-Sympathisanten Ecclestone. Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Ende 2005 erklärte Gribkowsky plötzlich, die Landesbank unterstütze Ecclestone. Anschließend stieg die BayernLB aus; der Brite konnte mit einem neuen Inhaber seine Macht in der Rennserie festigen. Wenig später begann der Geldfluss an den Bank-Vorstand. Gribkowsky sagte damals im Kreise von Vertrauten, er berate Ecclestone und bekomme dafür Honorare.“

Das Berater-Honorar, das an eine Privat-Stiftung Gribkowskys ging: 50 Millionen Dollar. Nachdem zunächst alle Beteiligten abstritten, schreibt die SZ nun, dass Gribkowsky mit einem Brief an Ecclestone persönlich die Zahlung der kompletten 50 Millionen eingefordert habe. „Nach SZ-Informationen hat die Salzburger Firma GREP GmbH, in der Gribkowsky den größten Teil des Geldes angelegt hat, am 14. Dezember 2007 eine Mahnung verschickt. Der als „streng persönlich und vertraulich“ gekennzeichnete Brief war an Ecclestone gerichtet. Die GREP GmbH beschwerte sich bei dem Formel-1-Chef, dass ein Teil der vereinbarten Honorare nicht fristgerecht überwiesen worden sei und noch 2,3 Millionen Dollar fehlten.“ Die Vermutung: Ecclestone bestach Gribkowsky, damit dieser wie geschehen die Anteile der BayernLB an den amerikanischen Finanz-Investor CVC verkauft – und damit Ecclestones Macht und Gewinn absichert.

Sollte die Recherche wasserdicht sein, wäre das die höchste Bestechungssumme an einen einzelnen Manager, die in Deutschland je ans Licht gekommen ist.

Die Bild-„Zeitung“ berichtet übrigens auch über Ecclestone. „Formel 1 Boss Bernie Ecclestone: Vettel, geh doch mal mit meinen Töchtern aus“

Gedopt:
Der spanische Radsportverband RFEC will Toursieger Alberto Contador jetzt wohl für ein Jahr sperren. Damit würde ihm sein Toursieg aberkannt – und er würde in diesem Jahr das Feld frei machen für den Luxemburger Ändy Schleck. Allerdings: Sowohl Contador als auch die Welt-Anti-Doping-Agentur wollen wohl vor dem Court of Arbitration for Sport CAS Einspruch einlegen.

Schön zu lesen ist Michael Reinschs Besuch bei Jarmila Kratochvilova. Die Tschechin hält den ältesten Rekord der Leichtathletik. 1:53,28 Minuten über 800 Meter, seit fast 28 Jahren. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt Reinsch:

„Nur ein paar Bilder erinnern hier und heute an den Muskelprotz von damals. Auf einem Schlüsselkasten steht eine Tafel, etwas größer als ein Nummernschild. „1:53,28“ steht darauf. Und, auf Tschechisch: „Jarmila, hast du nicht übertrieben?“ Die Mädchen ihrer Trainingsgruppe haben es ihr geschenkt, als diese 800-Meter-Bestzeit 25 Jahre alt wurde. (…) Erstaunlich ist ihre Reaktion auf die Frage nach Manuel Pascua Piquera. Das ist der gerade verhaftete spanische Doping-Trainer und Komplize von Blutpanscher Eufemiano Fuentes. Er soll schon in den achtziger Jahren versucht haben, durch ein Austauschprogramm von Athleten Doping-Fachwissen aus dem Ostblock zu erwerben. Jarmila Kratochvilova erinnert sich an einen Trainingsaufenthalt in Madrid, gemeinsam mit Kugelstoßerin Helena Fibingerova. Sie habe sich wohl auf die Hallen-Europameisterschaft 1985 dort vorbereitet, sagt sie. Auf die Frage, ob sie Pascua kenne, bekommt sie einen hochroten Kopf, zum einzigen Mal während des langen Gesprächs. Der Name komme ihr bekannt vor, sagt sie, vielleicht von damals, vielleicht von den jüngsten Meldungen. Mag sein, dass in den Erfolgen spanischer Langläufer ein bisschen von dem Erfolgsrezept der Jarmila Kratochvilova steckt.“

Nachtrag 10 Uhr: Paul Kimmage von der Sunday Times, ehemaliger Radprofi, führt richtig gute Interviews und hat schon mehrere Bücher geschrieben. „Talk – Don’t run“ und vor allem „Raubeine rasiert“ (richtig gut) kann ich sehr empfehlen, „Tour de Farce“ ist nur so lala. Am Sonntag erscheint jetzt ein Kimmage-Interview mit Floyd Landis in der Sunday Times. Eine Vorab-Empfehlung. Wer es lesen will: Einen Monat Sunday Times testen kostet 1,50 Euro. Ich habs mir gegönnt, obwohl die Bezahlung mal wieder bescheuert aufwändig war (Kreditkarte). Geht das nicht einfacher?

Und sonst?
FAZ-Korrespondent Michael Reinsch hat zudem mit dem Mainzer Sportwissenschaftler Perikles Simon darüber gesprochen, ob Sport gesund ist. Simon sagt unter anderem:

„Als Wissenschaftler müssen wir fragen: Ist Sport wirklich gesund, und können wir das belegen? Im Vergleich zu dem Aufwand, den wir treiben, um die Wirkung von Medikamenten zu erforschen, sieht es schlecht aus. Arzneimittelkonzerne investieren dreistellige Millionenbeträge in die Entwicklung eines einzigen Medikaments. Wenn wir so präzise zeigen wollten, ob und wie Sporttherapie wirkt, sollten wir auch einmal vierhundert Millionen Euro in die Hand nehmen. Es gibt kein einziges Programm auf der Welt, das auch nur annähernd solch eine Summe eingesetzt hätte. Der Kampf für gesunden Sport ist mindestens so rückständig wie der Kampf gegen Doping.“

Präventive und rehabilitative gesundheitliche Wirkung des Sports war am Mittwoch auch Thema im Sportausschuss des Bundestages. Robert Kempe berichtet für den Deutschlandfunk. Hoffentlich haben alle Abgeordneten das Interview mit Simon im Vorfeld gelesen.

Bis zur Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 sind es noch 160 Tage. Zeit für Deutschland, etwas internationale Sportpolitik zu machen? „Honduras sagt Deutschland Unter­stützung für Olympia-Be­werbung zu“ titelt Dirk Niebels Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Dienstag eine Pressemitteilung. Der Lohn für Honduras? 30 Millionen Euro. Besser als in der Mitteilung kann es kaum formuliert werden:

„Bei einem Treffen anlässlich des Besuchs von Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz sagte der honduranische Präsident Porfirio Lobo Sosa Deutschland seine Unterstützung für die Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 zu. Beerfeltz hatte am Tag zuvor das Abschlussdokument der diesjährigen Regierungsverhandlungen mit Honduras unter­zeichnet. Deutschland sagte Honduras neue Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre zu.“

Die junge Welt berichtet, das in den kommenden Jahren sogar 47 Millionen Euro Entwicklungshilfe an Honduras fließen sollen. Und weiter: „Daß die honduranische Regierung um Präsident Porfirio Lobo von den meisten Staaten Lateinamerikas wegen ihrer Verwicklung in den Militärputsch gegen Manuel Zelaya im Juni 2009 nicht anerkannt wird, scheint das Ministerium dabei nicht zu stören.“

Passend dazu haben die Bundestags-Grünen im Dezember eine Kleine Anfrage zur Internationalen Sportförderung durch die Bundesregierung gestellt. Die meisten Antworten des Auswärtige Amtes von Ende Dezember sind ausweichend und unkonkret. Immerhin findet aber auch Honduras Erwähnung. Das PDF zur besseren Lesbarkeit via scribd.com:

Internationale Sportpolitik des Auswärtigen Amtes Kleine Anfrage der Grünen danieldrepper.de

  1. 30. Januar 2011 -

    Kratochvilova: Komischerweise habe ich vor wenigen Tagen noch darüber nachgedacht, was aus ihr geworden ist. Seltsamer Zufall, aber schön, das ich es jetzt weiß.
    Contador: Der Toursieg wird ihm aberkannt. Doch leider ist auch der „Nachrücker“ nicht wirklich frei von Zweifeln über seine Sauberkeit (ich drücke mich mal ganz vorsichtig aus…).
    Sport ist gesund?: Gut, dass ich persönlich mir da keine Gedanken drüber mache. Sport ist mein Hobby und ich mache es gerne. Das ist meine Motivation.