Daniel Drepper

Doping im Fußball bringt nichts? Verbandstext in der Kritik


Screenshot des WFV-Magazin-Teasers / danieldrepper

Screenshot des WFV-Magazin-Teasers / danieldrepper


„Doping im Fußball bringt nichts, oder doch?“ Das fragt der württembergische Fußballverband – und gibt keine Antwort darauf. Das aktuelle Heft des WFV „im Spiel“ habe ich mir – wie auf Twitter angekündigt – bestellt. Eine kleine Kritik.

Der Text im verbandseigenen Magazin ist von Hans-Georg Eisenlauer, einem Anti-Doping-Control-Officer der FIFA. Besonders harte Kritik war nicht zu erwarten. Eisenlauer zählt in ziemlich distanzierter Art die Affären um das Wunder von Bern, die Aufputschmittel der 60er und 70er Jahre (80er/90er lässt er weg), Maradonas Kokain und Gerüchte um Fuentes auf.

Außen vor bleiben Juventus Turin, die spannenden Details der Affären, Zitate von Beckenbauer, Breitner, Liesen und vieles mehr. Stattdessen führt Eisenlauer die Jahresberichte von FIFA und DFB an, die „belegen“, dass „es sich hierbei eher um Einzelfälle handelt“. Eisenlauer kommt so zu der Aussage:

„Fakt ist, dass im Fußball flächendeckende Manipulationen bisher nicht nachgewiesen werden konnten.“

Je nach Definition von „flächendeckend“ halte ich das für verharmlosend bis haarsträubend.

Eisenlauer erklärt ausführlich den Begriff Doping und fragt dann, welche Dopingpraktiken im Fußball überhaupt Sinn machen. Epo und Ausdauer, Anbolika/Wachstumshormone und Regeneration, Steroide und Rehabilitation, Stimulanzien und Ermüdungsgrenze – die Stichworte sind kurz angerissen, aber null vertieft.

Eisenlauer bezeichnet die Wirkungen als „fragliche Leistungsverbesserungen“ und geht schnell auf die Nebenwirkungen ein. Weiter geht es mit der Kennzeichnungspflicht von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmittel.

Eisenlauer setzt sich nicht – wie im Teaser eigentlich angekündigt – mit der Wirksamkeit von Doping im Fußball auseinander, sondern schreibt einen harmlosen „Passt auf, das ist gefährlich“-Artikel. Eisenlauer gipfelt in der Aussage:

„Der DFB hat auf Bundesebene nach einem gut funktionierenden Kontrollsystem entsprechende Präventionsprogramme eingeleitet.“

Wie lückenhaft das Kontrollsystem im Fußball ist, habe ich unter anderem hier beschrieben.

Eisenlauer behauptet in seiner Einleitung:

„In keiner Sportart wird so häufig und so vehement über Doping diskutiert wie im Fußball.“

Nachdem ich nun seit Wochen nach relevanten Texten zum Thema suche, kann ich sagen, dass diese Behauptung falsch ist.

Interessant an den vier Doping-Seiten des WFV ist, dass es diese überhaupt gibt. Und: Eine Auflistung der Dopingfälle im deutschen Fußball seit 1995, die es allerdings auch bei Cycling4Fans gibt.

Der WFV hat mir das Heft freundlicherweise kostenlos geschickt, Danke dafür. Falls jemand überlegt, sich das Heft ebenfalls kommen zu lassen: Es lohnt sich nicht.

Mehr zum Doping im Fußball gibt es stattdessen hier:

Unter dem Stichwort fussballdoping, bei Facebook und Twitter.

Ich bin für alle Hinweise und Kommentare dankbar. Gerne auch anonym über das Upload-Portal bei WAZ-Recherche.

Kontakt: daniel.drepper (ät) gmail.com // 0176 611 96 014

  1. 16. Januar 2012 -

    Was für Hinweise sind denn erwünscht? Ich fände es schön, wenn es mal eine Internetseite oder gar eine Taggeszeitung (wie die WAZ) geben würde, die mal über Dopingfälle im internationalen Fußball regelmäßig berichtet. Wenn jemand in der zweiten Ecudorianischen Liga ein Tor aus 60m schießt, läuft sowas auf jedem TV Sender, wenn aber mal in einer deutschen oder benachbarten Liga ein Dopingfall auftritt, wird alles totgeschwiegen. Maximal ’ne reproduzierte Tickermeldung kommt dabei rum. Ich fände es toll, wenn man mal ein kollarboratives Werk starten könnte, um Dopingfälle im Fußball aufzulisten. Die Wikipedia wäre zwar ein Ansatz, aber da verbringt man 95% seiner Zeit in Relevanzdiskussionen oder Edit-Wars. Wie wäre es denn, wenn du mal ein Google-Dok aufsetzt (quasi eine Excel-Tabelle), wo man bewiesene Dopingfälle im Fußball sammeln kann. Ich würde auf jeden Fall einen Startbeitrag liefern und hätte auch Interesse an sowas längerfristig zu arbeiten.

  2. 16. Januar 2012 -

    Schöne Idee, Danke, Gurgilla. Das Google-Dok kommt. Kümmer ich mich in den kommenden Tagen drum und mache dann hier auch drauf aufmerksam. Welche Spalten hältst du für notwendig? Nachname, Vorname, Land, Substanz, Datum, Sperre, Quelle. Eventuell noch „Erklärung“ oder „Info“?

  3. 17. Januar 2012 -

    Ich würde noch die „Mannschaft“ mit aufnehmen und evtl noch „Wettbewerb“, in dem der Test durchgeführt wurde. „Erklärung“, „Info“ oder „Bemerkung“ sollte auch noch mit dabei.

    „Land“ sollte näher definiert werden, ob es sich um das Land des Vereins oder die „Nationalität“ (fände ich persönlich besser) des Spielers handelt.

    Das sähe dann so aus (spaltenweise, also in zweizeilig denken :P )

    „Name“ Kahn – „Vorname“ Oliver – „Nationalität“ Deutschland – „Verein“ Bayern München – „Substanz“ Verspätet zum Test erschienen – „Sperre“ 1 Spiel (CL) + 12339 Eur – „Quelle“ http://www.sueddeutsche.de/sport/doping-affaere-kahn-akzeptiert-sperre-1.862213 – „Wettbewerb“ Champions League“ – „Datum“ 07.03.2007 – „Bemerkung“ …

    Das ist natürlich ein ganz „harmloses“ und willkürliches Beispiel. Die Reihenfolge ist natürlich auch nur mal so „ins Blaue“ geschrieben.

  4. 23. Januar 2012 -

    Die Liste ist jetzt erstellt, freu mich über jeden, der mich unterstützt oder das Vorhaben weiterverbreitet: bit.ly/dopinglistsoccer