Ist das Doping-Kontrollsystem rechtswidrig? Das sagt eine Studie der beiden Datenschutzbeauftragten aus Rheinland-Pfalz und NRW. Die Diskussion über die Meldepflicht läuft seit zwei Jahren. Damals, im Mai 2009, haben mein Freund und Kommilitone Andreas Block und ich ein Video dazu gedreht. In den Hauptrollen: Radprofi Marcel Sieberg und die ehemalige Pressesprecherin der NADA, Ulrike Spitz. Inhaltlich ist das Filmchen natürlich längst nicht auf dem aktuellen Stand. Aber als Einstieg oder Rückschau vielleicht nochmal ganz nett.
Zum Thema: FAZ und SZ berichten, dass sich übermorgen die Datenschützer in Düsseldorf mit der NADA treffen wollen. Aus der Studie zitiert FAZ-Redakteur Michael Reinsch, die Meldepflichten zeugten „von einer geradezu grotesken Übersteigerung eines allenfalls im Grundansatz nachvollziehbaren Kontrollinteresses“. Die NADA schreibt, sie wolle „an notwendigen Anpassungen arbeiten“. Wer den FAZ-Text nicht lesen will, kann sich auch den Sportschau-Film von Hajo Seppelt und Jochen Leufgens ansehen. Heute Abend gibts bei Sport Inside um 22.45 Uhr im WDR mehr dazu.
Am Mittwoch ist nicht nur das NADA-Treffen mit den Datenschützern, es findet auch ein Journalisten-Workshop der NADA zum Thema Doping in Bonn statt, zu dem auch ich fahren werde. Mal sehen, inwieweit das aktuelle Thema eine Rolle spielt. In der offiziellen Ankündigung steht noch nichts davon. Allerdings war die NADA wohl auch nicht davon ausgegangen, dass vorab in verschiedenen Medien aus dem Entwurf zitiert wird.
Zurück zum Kontrollsystem: Ich hatte es im Beitrag zu Doping im Fußball, Handball und Eishockey bereits angedeutet: Auch Handball-Justiziar Andreas Thiel, der selbst eine kleine Kanzlei betreibt, hat mir gegenüber im Gespräch über das Kontrollsystem rechtliche Bedenken geäußert.
Thiel sagt:
„Da muss man sich ohnehin mal Gedanken darüber machen, wie das mit den Vorgaben des EuGH und den Vorgaben unserer Verfassung in Einklang zu bringen ist. Wir haben den Fall noch nicht gehabt, dass einer wegen drei Meldepflicht-Verstößen innerhalb von 18 Monaten ein Jahr gesperrt werden musste. Da muss man sich wirklich im Fall des Falles die Frage stellen, ob es möglich ist, einen Berufssportler für ein Jahr aus dem Verkehr zu ziehen auf der Grundlage von Regelungen, die im Zweifel nicht ganz mit der Verfassung übereinstimmen. Das wird – wenn der Knallfall kommt – sicherlich zu diskutieren sein. Es gibt hinreichend gute Kollegen, die sich mit Freude auf ein solches Mandat stürzen würden.“
Heinz Winden, Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes, sprache mir gegenüber ein weiteres Rechtsproblem an, das mit dem Kontrollsystem zusammenhängt:
„Gesperrte Sportler aus Mannschaftssportarten – zum Beispiel nach drei Meldeverstößen – dürfen nicht mehr mit der Mannschaft trainieren. Bei keinem offiziellen Mannschaftstraining, nirgendwo. Aber Mannschaftssportler sind auf gemeinsames Training angewiesen. So eine strenge Bestrafung läuft auf ein Berufsverbot hinaus. Kein Bundesverfassungsgericht lässt so etwas durchgehen. Das kostet den Sportler über die Jahre bestimmt ein-zwei Millionen Euro Gehalt. Und dann muss der Verband den Schadensersatz zahlen, obwohl er nur die NADA-Regularien anerkannt hat. Das Weltsportgericht CAS hat Claudia Pechstein nach ihrem Einspruch erlaubt, bis zur endgültigen Entscheidung durch das Bundesgericht mit Kolleginnen zu trainieren. Ich wollte in unsere Regularien reinschreiben, dass ein Wettkampfverbot nicht automatisch mit einem Trainingsverbot gleichzusetzen ist. Aber die NADA hat gesagt, dass das nicht geht. Und mit der NADA ist gleichzeitig der Entzug von Bundesmitteln verbunden.“
Grundsätzliche Kritik an der NADA hat Markus Völker in der taz zusammengetragen. Die Vorwürfe sind seit längerem bekannt, die Zusammenstellung lohnt sich trotzdem noch einmal zu lesen: Die Doping-Lüge.
13. Dezember 2010 -
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