Fünf Wochen bin ich jetzt in New York. Es war gut, es war viel. Aber alle sagen, es wird ab dieser Woche noch viel härter. Deshalb hier schnell ein kurzes Update.
Das Herbstsemester an der Columbia beginnt offiziell am Dienstag, am heutigen Montag ist hier Feiertag. Zeit, um Material für die Kurse zu lesen, Themen anzurecherchieren und sich am Abend in der J-School auf zwei Bier und ein paar Datensätze zu treffen und mit der Statistik-Software R zu spielen.
Da die Journalism-School ihren Master auf zwei Semester staucht, gibt es für uns Journalisten vorab ein zusätzliches vierwöchiges Bootcamp. Einführung in Radio-, Photo- und Datenjournalismus, erste Rechercheübungen und jede Menge Abendveranstaltungen.
Zeit für Geschichten in Deutschland blieb kaum. Lediglich zwei Stories auf Spiegel-Online konnte ich noch unterbringen. Für die Zeitungsdebatte durfte ich begründen, warum es in Deutschland möglich sein sollte, gemeinnützigen Journalismus zu betreiben. Ich glaube, eine kleine Gesetzesänderung in der Abgabenordnung §52 könnte ein Brandbeschleuniger für Innovationen im deutschen Journalismus sein. Außerdem habe ich mit Jonathan Sachse für Spiegel Online über auffällig hohe Blutwerte im deutschen Spitzenfußball berichtet.
Zurück nach New York: Zum Abschluss des August-Bootcamps hielt mit dem zweifachen Pulitzer-Preisträger Steve Coll am Freitag der neue Dean der Fakultät seinen ersten Vortrag, im Anschluss gab es ein Klassenfoto und auf dem Rasen vor der Schule Barbecue mit Rippchen und Mac & Cheese. Hallo USA.
Der erste Monat war ziemlich beeindruckend. Nicht nur New York, mit seinen Rooftop-Parties und dem drei Laufminuten entfernten Central Park, auch die Columbia Journalism School hat die Erwartungen erfüllt. Die Qualität und Anzahl der Professoren und Gast-Vorträge ist extrem. In meinen regulären Kursen werden 17 Studenten von drei (exzellenten) Professoren betreut. Ständige Mail- und Facebook-Nachrichten kommen dazu, wir können jederzeit auf dem Handy anrufen oder im Büro vorbeischauen.
Pflicht-Termine waren beispielsweise das Photo-Training mit Maisie Crow (die zuletzt für The Atavist die Doku „The Last Clinic“ gedreht hat) oder Radio-Training mit Kerry Donahue (zum Thema Radio die generelle Empfehlung: transom.org). Das Social-Media-Training mit Sree war dagegen eher so lala.
Beeindruckt hat mich das Projekt Storycorps. David Isay ermöglicht dort jedem Bürger, seine persönlichen Geschichten in einem Radiostudio professionell aufzunehmen. Die Stories bekommt er im Anschluss auf DVD mit nach Hause, aus den besten Geschichten bastelt Storycorps eine wöchentliche Radiosendung für NPR. So eine einfache Idee, aber was sich daraus in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat, ist grandios. Als Einführung empfehle ich die animinierten Geschichten auf Youtube, die uns auch David Isay bei seinem Besuch gezeigt hat. Zum Beispiel das Gespräch zwischen Joshua und seiner Mutter Sarah.
Jemand hat mir zuletzt erzählt, an der Columbia Journalism School könne es in knapp zehn Monaten gar nicht darum gehen, alles über Recherche und Reporting zu lernen. Es gehe vielmehr darum, einen guten Geschmack zu entwickeln. Das fasst es gut zusammen.
Das beste von dem, was ich in New York und an der Columbia entdecke, gebe ich bei Twitter oder Facebook weiter. Und wem das nicht reicht: Es gibt noch zwei weitere Deutsche, die aktuell einen Journalismus-Master an der Columbia machen. Bei Twitter: Johannes Musial und Julien Gathelier.
Das Foto von Rebecca Castillo findet sich in ihrem Flickr-Account.