Die UCI hat heute verkündet, dass Patrick Sinkewitz vorläufig suspendiert ist. Der Grund: Eine positive A-Probe. Das WADA-Labor in Lausanne hat in einer Wettkampfkontrolle vom GP Lugano am 27. März rekombinantes HGH, also (Nachtrag III: gentechnisch hergestelltes) Wachstumshormon, nachgewiesen.
Die UCI teilt mit, dass das der erste Fall von nachgewiesenem HGH im Radsport sei – und einer der ersten überhaupt im gesamten Sport. „This adverse analytical finding“, wie eine positive Probe im Fachsprech heißt, „is therefore a new and important step in cycling’s fight against doping“, schreibt die UCI. Sinkewitz wird jetzt vom Bund Deutscher Radfahrer angehört, er kann die B-Probe öffnen lassen.
Ausgerechnet Sinkewitz! Wer die Vorgeschichte nicht kennt, lese hier bei cycling4fans.de. Wegen Sinkewitz‘ Doping-Fall (Testosteron, per Gel aufgetragen) waren ARD und ZDF 2007 aus der Tour-Berichterstattung ausgestiegen. Bei seiner Rückkehr betonte Sinkewitz, dass er nun sauber fahre. Zitat: „Meint jemand, ich wäre so bescheuert, jemals wieder unerlaubte Mittel einzusetzen? Dann könnte ich mich doch gleich erschießen.“
Während seiner Sperre hatte Sinkewitz relativ offen geredet. Unter anderem gab er der Süddeutschen Zeitung ein großes, lesenswertes Interview, das man heute wohl noch einmal mit anderen Augen lesen muss.
Sinkewitz fuhr zu Beginn seiner Karriere für Quick-Step, später für T-Mobile. Er galt als einer der talentiertesten deutschen Radprofis. Nach seiner Sperre war er der erste und so weit ich weiß bislang auch einzige Radprofi, der nach Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung wieder einen Vertrag bei einem Profiteam bekam. Zunächst 2009 nach langem Hin und Her beim tschechischen Rennstall PSK Whirlpool, seit 2010 bei ISD-Neri, das in diesem Jahr Farnese Vini-Neri Sottoli heißt. Ein Pro-Continental-Team (entspricht der zweiten Liga des Radsports).
Anscheinend hatte Sinkewitz vor, in nächster Zeit noch einmal durchzustarten. Der 30-Jährige lässt seit einigen Tagen seine Webseite überarbeiten. Das allein spräche ja eher für eine Vorahnung inklusive vorauseilender Abschaltung.
Nachtrag/Änderung: Auf patrik-sinkewitz.de ist die alte Webseite weiter verfügbar, auf patriksinkewitz.de ist wohl die neue Seite geplant, wird aber derzeit noch auf das neue Facebook-Profil umgeleitet. Sinkewitz hat nämlich auch sein Facebook-Profil umgestellt und aktualisiert und auch einen frischen Twitter-Account (@patriksinkewitz) eröffnet. Die positive Probe dürfte ihm das offensive Marketing jetzt wohl verhagelt haben.
Nachtrag II: Antidoping Schweiz hat soeben seinen Newsletter rumgeschickt. Ergänzend schreiben sie: „Dieser positive Befund ist nach dem britischen Rugby-Profi Terry Newton und dem kanadischen American-Football-Spieler Matt Socholotiuk erst der dritte rhGH-Fall weltweit. Zu den leistungssteigernden Wirkungen der Einnahme von Wachstumshormon gehören unter anderem das Anwachsen der Muskelmasse, eine gesteigerte körperliche Kraft, eine bessere Erholung nach grosser körperlicher Anstrengung sowie ein vermindertes Auftreten von Erschöpfungszuständen.“
Ich habe Patrik Sinkewitz kontaktiert, falls er sich zurückmeldet, gibt es hier Neuigkeiten.
Vielen Dank an Ralf!
Nachtrag IV: Patrick Sinkewitz hat sich auf seiner Facebook-Fanseite zu Wort gemeldet, berichtet Jonathan Sachse.
18. März 2011 -
Bin ich jetzt geschockt, empört oder überrascht?
Nein! Überhaupt nicht.
Ein leises Lächeln und ein bißchen Schulterzucken war alles, was mir diese Meldung eines gedopten Radsportlers, der in allen möglichen Interviews seine neuentdeckte Sauberkeit probagiert hat, gerade noch wert war.
Was an sich nur erneut beweist, das man weder den Dopingtests noch den Aussagen der Sportler in dem Zusammenhang vertrauen kann.
Damals, als Rolf Aldag wenige Wochen vor seinem Dopinggeständnis noch sinngemäß in der Tour sagte: „Ich könnte doch nicht mehr in den Spiegel schauen, wenn ich gedopt hätte…“ (ich hoffe, mein Gedächtnis spielt mir jetzt gerade keinen Streich), da war ich wirklich betroffen.
Jetzt ist es mir egal. Man ist es gewöhnt, von Sportlern öffentlich belogen zu werden.
18. März 2011 -
Schänzer sagte mal vor Jahren, gefragt nach der Möglichkeit, ob denn ein sauberer Fahrer die Tour gewinnen könne:“ Theoretisch denkbar, aber dann müssten wohl alle anderen Fahrer auch sauber sein.“ – Die Leistungssteigerung, insbesondere durch EPO, ist also nicht unwesentlich. Daher konnte man nicht ernsthaft davon ausgehen, dass jemand, der mit aller Macht zurück in diesen Zirkus will, es in Zukunft mit sauberen Mitteln probieren würde. Herr Sinkewitz dürfte wohl als einer der Letzten daran geglaubt haben, dass es auch mit legalen Mitteln geht.
21. März 2011 -
[…] PK-Beiträge zitieren zu müssen. Weitere Infos zur positiven A-Probe findet ihr u.a. bei KollegeDrepper. 21 März 2011 | Kategorie: Radsport, Sport | […]
25. März 2011 -
[…] Lack wieder aufgetaucht zu sein. Der Sportjournalist Daniel Drepper schreibt in seinem Blog über Wieder Patrick Sinkewitz: Positive A-Probe auf HGH und Jonathan Sachse, ebenfalls von der schreibenden Zunft des Sportjournalismus, beschäftigt […]
8. April 2011 -
[…] Sinkewitz war Im Februar beim GP Lugano positiv getestet worden. Nun will er sich wohl gegen die Sperre wehren, so liest man es aus einer Stellungnahme auf seiner […]